Laios setzt Sohn aus

Cithäron Gebirge, Böotien

Als das Kind zur Welt gekommen war, fiel den Eltern der Orakelspruch wieder ein, und um dem Spruche des Gottes auszuweichen, ließen sie den neugeborenen Sohn nach drei Tagen mit durchstochenen und zusammengebundenen Füßen in das wilde Gebirge Cithäron werfen. Aber der Hirte, welcher den grausamen Auftrag erhalten hatte, empfand Mitleid mit dem unschuldigen Kinde, und übergab es einem anderen Hirten, der in demselben Gebirge die Herden des Königes Polybus von Korinth weidete. Dann kehrte er wieder heim, und stellte sich vor dem Könige und seiner Gemahlin Jokaste, als hätte er den Auftrag erfüllt. Diese glaubten das Kind verschmachtet oder von wilden Tieren zerrissen und die Erfüllung des Orakelspruches dadurch unmöglich gemacht. Sie beruhigten ihr Gewissen mit dem Gedanken, daß sie durch die Aufopferung des Kindes dasselbe vor Vatermord behütet hätten und lebten jetzt erst mit erleichtertem Herzen.

Schwab Erster Teil / Fünftes Buch / Kapitel 1 / Absatz 1